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Muster oder Mythos? Warum wir in Charts sehen, was wir sehen wollen

Chartmuster und Wahrnehmung

Die Macht der Erwartung: Warum wir Muster „finden"

Die technische Analyse basiert auf der Idee, dass sich Marktteilnehmer ähnlich verhalten – und dass sich dieses Verhalten in wiederkehrenden Mustern abbildet. Doch die menschliche Wahrnehmung ist nicht neutral: Unser Gehirn sucht automatisch nach Ordnung, wo Chaos herrscht.

Gerade beim Blick auf Kursverläufe erkennen wir vermeintliche „Köpfe und Schultern" oder „Doppelböden", auch wenn diese Muster statistisch nicht signifikant sind. Diese selektive Wahrnehmung führt oft zu überhöhter Zuversicht oder falschen Rückschlüssen.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass unser Gehirn lieber bekannte Strukturen abruft, als neue zu interpretieren. In der Folge interpretieren wir Charts nicht objektiv, sondern durch den Filter unserer Erfahrungen und Erwartungen.

Psychologische Verzerrungen in der Analyse

Ein zentrales Problem ist der sogenannte „confirmation bias": Wir suchen nach Informationen, die unsere bestehende Meinung stützen. In der Chartanalyse bedeutet das, dass wir bevorzugt jene Muster sehen, die unsere These vom kommenden Kursverlauf unterstützen.

Ein weiteres psychologisches Phänomen ist das „Overfitting" – also die rückblickende Anpassung von Linien, um das Narrativ zu bestätigen. Das sieht im Nachhinein oft logisch aus, hat aber wenig prognostischen Wert.

Nur wer sich dieser psychologischen Tendenzen bewusst ist, kann lernen, systematisch und methodisch zu analysieren – ohne in die Falle des Wunschdenkens zu tappen.

Objektivität fördern: Was hilft wirklich?

Der erste Schritt zu objektiver Analyse ist das bewusste Infragestellen der eigenen Deutung. Anstatt sofort ein Muster zu benennen, hilft es, Fragen zu stellen: Wie oft ist dieses Muster tatsächlich verlässlich? Welche alternativen Interpretationen gibt es?

Zweitens: Nutze Checklisten und klar definierte Kriterien, bevor du eine Formation als „valide" einstufst. So reduzierst du den Einfluss spontaner Eindrücke.

Drittens: Dokumentiere deine Beobachtungen – schriftlich, ohne sofortige Bewertung. So lernst du über die Zeit, deine eigene Analysequalität kritisch zu reflektieren.

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